Du musst da nicht alleine durch“ – Unterstützung nach belastenden Geburtserfahrungen
Seit fünf Jahren schließt das bundesweit einzigartige Hilfetelefon nach schwieriger Geburt eine Versorgungslücke: Anonym und kostenfrei unterstützt es Mütter, Väter und Begleitpersonen bei der Verarbeitung belastender Geburtserfahrungen. Das niedrigschwellige Angebot ist Teil eines mittlerweile wachsenden Angebots von Unterstützungsleistungen – denn bis zu 30 Prozent der Frauen erleben Geburten als belastend oder sogar traumatisch.
Bonn, 03. Juli 2025. Nicht jede Geburt ist ein freudiger Start ins Familienleben. Viele Mütter erleben sie als belastend und trauen sich nicht, über ihre Gefühle nach der Geburt zu sprechen. Scham, Schuldgefühle oder der Gedanke, sich nicht „beschweren zu dürfen“, sind weit verbreitet. Umso wichtiger ist es, mit diesen Gefühlen nach der Geburt nicht alleine zu bleiben und sich Hilfe zu holen. Genau hier setzt das Hilfetelefon nach schwieriger Geburt an. Seit nun fünf Jahren unterstützt es Mütter und Familien, belastende Geburtserfahrungen zu verarbeiten . Die wachsende Zahl an weiteren Unterstützungsangeboten zeigt: Hilfe ist da und sie darf in Anspruch genommen werden.
Das Hilfetelefon ist erreichbar unter 0228 9295 9970 jeweils mittwochs von 12 bis 14 Uhr und donnerstags von 19 bis 21 Uhr.
Erste Hilfe für die Seele und weitere Unterstützungsmöglichkeiten
Mehr als 20 ausgebildete Beraterinnen teilen sich die Dienste am Hilfetelefon. Sie hören zu, ohne zu werten, und bestärken Anrufende dabei, ihre Empfindungen zu benennen und einzuordnen. Erstes Ziel ist zu stabilisieren und aus dem Kreislauf der schlechten Gedanken und Gefühle heraus zu kommen.
Das Hilfetelefon ist eine erste Anlaufstelle, aber mittlerweile längst nicht die einzige. Müttern und Familien stehen heute viele Wege offen, um die Geburtserfahrung zu verarbeiten . Dazu zählen unter anderem:
- Psychotherapie und traumatherapeutische Angebote
- Beratung durch Familienhebammen oder im Rahmen der Frühen Hilfen
- Schreibabyambulanzen
- Elternberatungen, Paar- oder Familienberatung
- Selbsthilfegruppen vor Ort oder digital
- Online-Angebote, Podcasts, Videos und Aufklärungsmaterialien
Eine Übersicht von empfohlenen Anlaufstellen gibt es auf: www.hilfetelefon-schwierige-geburt.de/weitere-unterstuetzung
Zum Hintergrund:
Studien
Studien belegen, dass bis zu 30 Prozent der Frauen die Geburt ihres Kindes als traumatisch erleben. Therapeutinnen wie Viresha J. Bloemeke oder Psychoanalytiker wie Ludwig Janus oder Karl Heinz Brisch weisen schon länger auf den Zusammenhang zwischen einer schwierigen Geburtserfahrung und Folgen für Mutter, Kind und die Familie als Ganzes hin. Dazu zählen Bindungsstörungen, Ängstlichkeit im Umgang mit dem Kind, Angst vor einer weiteren Schwangerschaft sowie postpartale Depressionen bis hin zur posttraumatischen Belastungsstörung. Kinder reagieren auf belastende Geburtserfahrungen beispielsweise mit dem sogenannten Schreibabysyndrom, Schlafproblemen sowie psychischen und motorischen Auffälligkeiten.
Quelle Traumatisierung: Kranenburg L, Lambregtse-van den Berg M, Stramrood C. Traumatic Childbirth Experience and Childbirth-Related Post-Traumatic Stress Disorder (PTSD): A Contemporary Overview. Int J Environ Res Public Health. 2023 Feb 4;20(4):2775. doi: 10.3390/ijerph20042775. PMID: 36833472; PMCID: PMC9957091.
Quelle Gewalt/ psychische Gesundheit: Leinweber, Julia, Jung, Tina, Hartmann, Katharina and Limmer, Claudia. „Respektlosigkeit und Gewalt in der Geburtshilfe – Auswirkungen auf die mütterliche perinatale psychische Gesundheit“ Public Health Forum, vol. 29, no. 2, 2021, pp. 97-100. https://doi.org/10.1515/pubhef-2021-0040
Über das Hilfetelefon nach schwieriger Geburt:
Das Hilfetelefon nach schwieriger Geburt ist ein Projekt der Bundeselterninitiative Mother Hood e.V. und der International Society for Pre- and Perinatal Psychology and Medicine, ISPPM e.V. Die Idee zu diesem in Deutschland einmaligen Angebot entstand, als die ehemalige Präsidentin der ISPPM, Paula Diederichs, und die Vorständin von Mother Hood e.V., Katharina Desery, sich über die Zustände in der geburtshilflichen Versorgung sowie fehlende Unterstützungsangebote für Frauen und ihre Familien austauschten. Mit dem Hilfetelefon haben sie eine erste Anlaufstelle geschaffen. Es besteht seit Juni 2020.
Pressekontakt: Katharina Desery, Telefon +49 (0)163 7274735,
E-Mail: presse@hilfetelefon-schwierige-geburt.de
Über Mother Hood e.V.:
Bei Mother Hood e.V. setzen sich Eltern bundesweit für eine gute Versorgung von Mutter und Kind vor, während und nach der Geburt ein. Durch Kreißsaalschließungen, Personalmangel in Kliniken und Lücken in der Hebammenversorgung ist eine sichere Geburtshilfe nicht mehr überall gegeben. Zu den Hauptforderungen von Mother Hood gehören unter anderem die Eins-zu-Eins-Betreuung durch eine Hebamme und die Wahrung des Rechts auf die freie Wahl des Geburtsortes (www.mother-hood.de).
Über ISPPM e.V.:
Die International Society for Pre- and Perinatal Psychology and Medicine, ISPPM, beschäftigt sich mit der frühesten Phase der menschlichen Entwicklung, beginnend vor der Empfängnis bis nach der Geburt. Sie begreift diesen prä- und perinatalen Lebensabschnitt als untrennbar verknüpft zwischen Mutter und Kind und ihrer Umwelt. In der ISPPM kommen zahlreiche Professionen zusammen, um auf der Grundlage authentischer wissenschaftlicher Methoden die Bedeutung der prä- und perinatalen Erfahrungswelt zu ergründen und dieses Wissen in die Praxisfelder rund um Schwangerschaft, Geburt und Therapie umzusetzen sowie gesellschaftspolitisch Einfluss zu nehmen. (www.isppm.de)